Wut kontrolliert einsetzen
Rachegefühle richtig in die Freiheit entlassen
Menschen verfallen auf die aberwitzigsten, verrücktesten Ideen, um ihre Rachegelüste zu befriedigen. Die meisten davon sind nicht besonders lustig, dafür aber aufwendig, umständlich und teuer. Vieles wirkt einfach nur reichlich verkrampft, wie gewollt und nicht gekonnt. Rache kalt serviert, lautet die Lösung.
Gesetz der Rache und Gesetze & Rache
Da wird geraten, einen Haufen Unkrautmittel in Form eines bösen Spruchs und möglichst bei Regen auf den Rasen des Verachteten zu streuen, so dass mögliche Streifen rasch verwischt sind. Dies in der Hoffung, dass die betroffenen Stellen sich bald vom Rest des Rasens unterscheiden würden. Die Befriedigung soll dann darin liegen, dass der Bösewicht, wie die ganze Nachbarschaft auch, nun ein böses Wort zu lesen bekämen, das dessen Charakter beschriebe.
Na, ja, die Wahrscheinlichkeit, erwischt zu werden, ist nicht unbedingt gering. Vielleicht hat ein Nachbar den Salzstreuer praktischerweise auch noch gleich auf seiner Überwachungskamera und steckt das dem Rasenbesitzer? Nein, Rache kalt serviert ist das nicht, eher infantil.
Frauenzeitschriften
Vor allem bei Frauenzeitungen finden sich die absurdesten und pubertärsten Phantastereien. Solange der oder die Ex den Schenkungsakt ja noch mit einem Schmunzeln nehmen kann, gut, aber andernfalls?
Der Vorschlag von "fit for fun" den Teppichboden des Ex zu befeuchten und mit Kressesamen zu besäen, auf dass der sein grünes Wunder erlebe, kann zum Rohrkrepierer werden. Wird das Parkett darunter aufquellen? Sachbeschädigung kann teuer werden. Welches Viehzeugs würde sich denn nicht in feuchten Textilien wohlfühlen und dort gern Unterschlupf finden? Wie bekommt man den Teppich wieder in den Urzustand? Und dann eventuell noch die ganzen unliebsamen Begegnungen und Kommentare. Und bei Scheitern der ganzen Aktion dürfte schließlich die Rechnung ins Haus flattern. Also: Rache kalt serviert ist das nicht.
Ähnlich schlau - und teils so abstrus, dass man sich an den Kopf fasst:
- Irgendwelche Cremes mit anderen Substanzen zu versetzen, wie Selbstbräuner in die Gesichtscreme
- Einen abgerichteten, sprich bissigen Hund mit auf die Jogging-Laufstrecke des Ex zu schicken (??!!).
- Die Toilette zu verstopfen
- Ein Abo zu kündigen
- Stinkkäse im Kleiderschrank oder hinter der Heizung verstecken, um die Wohnung mit bestialischem Mief zu erfüllen
Nein, man weiß wirklich nicht, was sich die Mädels in den Redaktionen bei solchem Zeugs denken. Das ist gradezu hirnrissig.
Ähnlich eine Geschichte, über die der BR berichtete. Vier Mitarbeiter - hier also männlich - einer Firma verfielen auf die Idee, sich an ihrem Chef zu rächen, indem sie ihm Abführmittel in die Cola schütteten. Ein wenig zuviel, denn der kriegte nicht nur Durchfall sondern auch Magenkrämpfe und Kreislaufprobleme. Fazit: Ein Verfahren wegen schwerer Körperverletzung.
Rache kalt serviert: Wir sind Geschichte ...
Rachegelüste bewegen, sie schwären in uns, insbesondere wenn das als Unrecht empfundene Geschehen noch frisch ist. Es handelt sich sicher um einen Urinstinkt, der weit in unsere Entwicklungsgeschichte reicht. Wer sich bei einem Angriff nicht wehrte, ging das Wagnis ein, immer wieder Opfer zu werden, bis der Feind eventuell obsiegt hätte. Anders als in der Viecherwelt können wir die Ausführung von Rachegelüsten verschieben, Rache planen, was in der Tierwelt nicht zu beobachten ist. Dort geschieht sie immer hier und jetzt, Angriff und Gegenwehr, unmittelbar.
Heute kann uns auch kein Feind mehr "erledigen". Unsere Gesellschaften, in Westeuropa zumindest, kennen keine Angst mehr um körperliche Unversehrtheit, Folter usw. Wir leben insofern angstfrei.
Der Drang nach Rache bewegt den Benachteiligten oder Unterlegenen aber auch in modernen Gesellschaften zu sinnlosen, irrationalen Aktionen. Aber was ist gewonnen, wenn am Ende alle bedröppelt dastehen, weil sie alle Schaden genommen haben?
Das Problem besteht häufig darin, diesen oft schnell hochkochenden Urinstinkt zügeln und auf Beleidigungen oder Beschimpfungen beherrscht reagieren zu können. Andernfalls drohen unvorhergesehene Folgen, und gefühlsmäßig geht es uns schlechter als zuvor. Institutionelle Gewalten, wie Justiz und Religion, kanalisieren solche Regungen und sanktionieren sie.
Die Strafe drückt sich bei uns meist in Geld aus, gelegentlich in Freiheitsstrafen, aber wie täglich in der Zeitung zu lesen ist, besteht sie in archaischen Gesellschaften in brutaler Gewalt fort.
Also: Nicht übertreiben. Danken wir dem Herrn für die nette Ökorache und nehmen wir das Ross als professionellen Dienstleister für diese herrlich-urtümliche Racheform, Rache kalt serviert, in Anspruch. Hier geht´s los mit den Angeboten.
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Kneipenbesuch, ohne Hinterlassung eines Rachegeschenks